2. Dezember 2021
Die Ergebnisse der dritten Befragung von Familien mit beeinträchtigten Kindern sind jetzt verfügbar. Die Studie gibt einen Überblick über die Situation von Familien mit beeinträchtigten Kindern und deren Wünsche an die Politik in Pandemie-Zeiten. Die Befragung wurde im Zeitraum von Anfang Juli bis Mitte Oktober 2021 durchgeführt. Insgesamt nahmen 847 Familien an der Umfrage teil.
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie und der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie sind für Familien mit beeinträchtigten Kindern besonders spürbar. Zu diesem Ergebnis kommt eine Reihe von Befragungen, die das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT in Kooperation mit dem Inclusion Technology Lab Berlin seit dem Frühjahr 2020 durchgeführt hat. Nun liegen die Ergebnisse der dritten Befragung im Zeitraum von Anfang Juli bis Mitte Oktober 2021 vor. Befragt wurden Familien, deren Kinder einen besonderen Unterstützungsbedarf haben oder an einer chronischen Erkrankung leiden – körperlich, psychisch oder sozial emotional.
Auch wenn der zweite Lockdown von Dezember 2020 bis Mai 2021 als etwas weniger belastend empfunden wurde als der erste, haben beeinträchtigte Kinder und Jugendliche nicht nur unter den Schließungen von Betreuungseinrichtungen gelitten, sondern auch unter dem Wegfall von Therapien und palliativen Angeboten. 40 Prozent der Befragten berichten von Entwicklungsrückschritten ihrer Kinder. Für die Befragten selbst war der Lockdown ebenfalls mit enormen Belastungen verbunden. Sie fühlten sich nicht nur durch die Betreuung und Pflege ihrer Kinder überfordert, sondern auch aufgrund einer Zunahme von Konflikten innerhalb der Familie und von Sorgen um ihre wirtschaftliche Situation.
Die Maßnahmen selbst bewertet der größte Teil der Befragten als gerade richtig, während es sowohl Personen gibt, die sich härtere Maßnahmen gewünscht hätten als auch Befragte, denen die Maßnahmen zu weit gingen.
Ein ähnliches Bild zeigt sich in den offen formulierten Wünschen an die Politik: Beim Thema Corona-Maßnahmen ging es teilweise um einen größeren Schutz von Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen durch eine Impfpflicht für ihre Betreuungspersonen, Impfangebote für diese Kinder – etwa auch auf Basis von Ausnahmegenehmigungen – oder eine Beibehaltung von Maskenpflicht und Abstandsregeln. Gleichzeitig wurde teilweise aber auch das fehlende Verständnis dafür bemängelt, dass sich diese Kinder und Jugendlichen teilweise nicht an Abstandsregeln oder eine Maskenpflicht halten können. Am häufigsten wurde bei den offen formulierten Wünschen jedoch der Wunsch nach mehr Aufmerksamkeit für die besonderen Bedürfnisse von Familien mit beeinträchtigten Kindern genannt.
Zusätzlich wurde in der neuen Umfrage die Bewertung von Wünschen erfragt, die aus den ersten beiden Befragungen abgeleitet werden konnten. Dabei wurden die Wünsche »Weniger Bürokratie / schnellere Bearbeitung von Anträgen auf Unterstützung« und »Mehr Freizeitangebote für beeinträchtigte Kinder / Jugendliche« als besonders wichtig bewertet. Insbesondere für Kinder und Jugendliche, die in ihrem Erleben oder Verhalten stark beeinträchtigt sind, fehlt es offensichtlich an Freizeitangeboten.
Der Bericht zur Befragung analysiert außerdem Unterschiede zwischen den Wünschen verschiedener Familien. Während Familien mit hohem sozio-ökonomischem Status relativ wenig finanzielle Hilfe oder Unterstützung bei der Bereitstellung und Nutzung von Technik benötigen, etwa beim Homeschooling, spielen diese Themen für Familien mit niedrigerem sozio-ökonomischem Status eine enorme Rolle.
Ein Vergleich mit den Daten des Sozio-Ökonomischen Panels (https://www.diw.de/soep) hat außerdem gezeigt, dass Familien mit beeinträchtigten Kindern dort nicht adäquat erfasst sind, weil ihre Zahl relativ klein ist. Insofern leistet diese Befragung einen wichtigen Beitrag zur Erfassung und Kommunikation der Bedarfe dieser Familien. Das Sozio-Ökonomischen Panel ist eine repräsentative Haushaltsbefragung in Hinblick auf viele Charakteristika der Gesamtbevölkerung in Deutschland, in der seit 1984 jährlich etwa 20.000 Haushalte befragt werden.