Obwohl die Binnenschifffahrt ökologisch das nachhaltigere Transportmittel für Massengut als auch Containerverkehr ist, muss sie kontinuierlich einen Verlust von Transportleistungen trotz eines stetig steigenden Gesamtvolumens verzeichnen. Mit Förderung des Verkehrsministeriums zielt das Projekt Sinlog im Rahmen der mFund-Initiative zunächst auf eine Digitalisierung der Informationsflüsse in der Binnenschifffahrt. Digitalisierung ist bereits dort etabliert, wo Transportketten in einem geschlossenen Kreislauf verlaufen, beispielsweise bei einem Terminalbetreiber oder einer Reederei. Wenn Informationen aber organisatorische Grenzen überschreiten, beschränkt sich der Datenaustausch bestenfalls auf Dokumente wie eine PDF-Datei in digitaler Kopie. Einzelne Datenelemente zu Ladungen oder Verladebedingungen sind nicht verfügbar, sondern in einem Gesamtdokument kodiert und damit nur mangelhaft prozessierbar. Das heißt, Informationen des Transports können erst dann zur Optimierung genutzt werden, wenn Vorgänge durch die Weitergabe von Dokumenten quasi abgeschlossen sind. Mangels Datenverfügbarkeit lassen sich Optimierungspotentiale nicht erschließen.
Aktuelle Initiativen wie beispielsweise der elektronische Frachtbrief würden hier einen Schub für die Optimierung der Verkehrsketten als auch der Öffnung etablierter Ökosysteme bieten. Benötigt werden datenbankähnliche Strukturen, mit denen digitale Informationsketten über Ladungsgüter und Träger als auch Routinen und Verlader ausgetauscht werden können. Somit könnte ein offener Datenaustausch umgesetzt werden, der die Umsetzung neuer Mehrwertdienste für die Transportabwicklung ermöglicht. Beispielsweise lassen sich Verlade- und Lagerprozesse in Terminals optimieren, wenn verlässliches Wissen über zu erwartende Züge oder Binnenschiffe vorhanden ist. Gleichzeitig ist dieses Wissen eine wertvolle Ressource, die Wettbewerbern natürlich nicht offen zur Verfügung gestellt werden darf.
In diesem digitalen Informationspool unterstützt nun Distributed Ledger Technology (DLT) bei der Kooperation, indem sie Transaktionen zwischen Geschäftspartner und den Informationsaustausch in einem offenen Partnernetzwerk ermöglicht. Im Kern steht immer wieder die Distributed Ledger Technology (DLT) als Vertrauensgarant für die Revisionssicherheit der Transaktionen. Zudem werden Prozesse durch Smart Contracts zunehmend automatisiert, beispielsweise Anmeldeprozesse bei der Anlandung von Containern. Die Komplexität liegt hier in der Vielfalt einzuhaltender Regularien und Verfahrensvorschriften in Abhängigkeit von Ladungstyp und Träger. Decentralised Autonomous Organizations (DAO) stellen eine natürliche Anwendung des Automationsgedankens für derart stark strukturierte Prozesse dar, indem sie Abläufe und Organisationsstrukturen formal spezifizieren und damit Basis einer vollständigen Automation werden.
Aus Digitalisierungsperspektive stellt sich unmittelbar die Frage einer Authentifizierung, sprich wie lassen sich Daten, Personen und Werkzeuge absichern. Distributed Identity Management auf Basis der DLT bietet hier die Möglichkeit, den Digital Twin der Transportkette gegenüber der Realität abzusichern. Die Identitäten von Personen und Werkzeugen abzusichern, liegt auf der Hand. Aber selbst Daten sind abzusichern, etwa die Menge geladenen Getreides, das heißt, mit welchen Werkzeugen wurde gemessen und verfügen diese Werkzeuge – wie beispielsweise Sensoren für eine Messung der Eintauchtiefe von Schiffen – über eine Autorisierung wie Eichung. Ein datenbankähnlicher Ansatz (Sinlog DB) unterstützt in Sinlog im ersten Schritt den elektronischen Datenaustausch im Hinblick auf die Digitalisierung von Frachtpapieren (Electronic Freight Transport Information) wie von der EU vorgeschlagen. Um die Korrektheit dieses Digital Twins zu gewährleisten, wird nun DLT für Distributed Identity Management eingesetzt.
In einer Nutzungsperspektive erlaubt DLT neue Kooperationsprozesse, da die Vertrauensbildung nicht mehr über einen Intermediär sondern in einem offenen Netzwerk erfolgen kann (Sinlog Koop). Insbesondere die Wahrung der Korrektheit öffentlicher Dokumente wie Konnossemente ist hier von Interesse, da sich durch eine Digitalisierung mehr Optimierungsmöglichkeiten öffnen, die korrekte Bearbeitung aber stets gewährleistet sein muss.
Projekt Sinlog hat verschiedene Szenarien als Quelle einer Prozessverbesserung als auch Service-Innovation identifiziert. Nachweise korrekter Reinigungs- und Verladeprozesse als auch die Einhaltung von Transportbedingungen gehen in Richtung Provenance (Produkt- und Prozessnachverfolgung) wie vielfältige andere Anwendungen von DLT. Interessanter sind Nachweise über die Verfügbarkeit von Informationen, um Prozesse optimieren und automatisieren zu können. Wenn beispielsweise nach Entladung eines Containers in einem Seehafen die weiteren Zielorte nicht in definierten Zeitfenstern mitgeteilt werden, können für den Versender Vertragsstrafen wegen erhöhter Verweilzeiten anfallen und der Befrachter verliert Optimierungsoptionen.
Die technologische Erdung von Sinlog ist neutral gegenüber verschiedenen DLT-Plattformen. Wir haben hierfür verschiedene Plattformen gegenübergestellt und einen Kriterienkatalog für die Auswahl konkreter Plattforminstanzen entwickelt. Aus methodischer Sicht ist für uns die Nutzung von Smart Contracts interessant: Wozu können sie genutzt werden? Welcher Mehrwert entsteht durch die Automation und wie können wir ihre Korrektheit absichern, da sie im Sinne der DLT-Philosophie nie mehr geändert werden können.
Im Rahmen der Forschungsinitiative mFUND fördert das BMVI seit 2016 Forschungs- und Entwicklungsprojekte rund um digitale datenbasierte Anwendungen für die Mobilität 4.0. Neben der finanziellen Förderung unterstützt der mFUND mit verschiedenen Veranstaltungsformaten die Vernetzung zwischen Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Forschung sowie den Zugang zum Datenportal mCLOUD. Weitere Information finden Sie unter www.mfund.de.