Datenraum Kultur

Fraunhofer FIT unterstützt bundesweiten Datenaustausch im Kulturbereich

Projektzeitraum: Projektstart: Dezember 2022 

Projektpartner: acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften e.V., Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg,  Universität Paderborn, OstWestfalenLippe GmbH, Hamburger Kunsthalle, Deutscher Bühnenverein, Freunde und Förderer des Hamburger Konservatoriums e.V., 

Förderung: Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien 

Aufgaben des Fraunhofer FIT: Bedarfs- und Nutzenanalysen, Bereitstellung der Datenraumtechnologie auf Basis von IDS/Gaia-X und Aufbau der prototypischen Infrastruktur

 

Das Projekt Datenraum Kultur strebt an, für den gesamten Sektor der Kultur, Medien und Kreativwirtschaft neue Wege der Wertschöpfung durch digitale Dienste unter der Wahrung der Rechte Dritter aufzuzeigen. Dabei legt es besonderen Wert auf die Souveränität von Dateneignern, Urhebern und Dienstanbietern, indem die Daten nicht zentral gespeichert, sondern direkt zwischen den Teilnehmenden übertragen werden. Der Datenraum Kultur wird niederschwellig zugänglich und benutzerfreundlich gestaltet sein, um die direkte und vertrauenswürdige Vernetzung der Angebote einer Vielzahl verschiedener Akteure über die bereitgestellte Infrastruktur zu ermöglichen und die Aushandlung von Vereinbarungen zwischen den beteiligten Partnern zu unterstützen. Als integraler Bestandteil der Digitalstrategie für Deutschland fördert das Projekt die digitale Selbstbestimmung von Kulturschaffenden, indem es ihnen hilft, neue datengetriebene Geschäftsmodelle für die Kultur zu entwickeln.

Bis 2025 entwickelt ein interdisziplinäres Team von Expertinnen und Experten des Fraunhofer FIT gemeinsam mit Partnern aus verschiedenen Anwendungsdomänen eine innovative Infrastruktur für den Sektor Kultur. Das Ziel ist es, den Akteuren neue Möglichkeiten zu eröffnen, Daten vielfältiger auszutauschen und eigene Ressourcen effizienter zu nutzen, um innovative digitale Mehrwertdienste für Kulturbetriebe zu schaffen. Die im Projekt betrachteten Anwendungsfälle verdeutlichen das enorme Potenzial der Datenraumtechnologien und fördern so die Diskussion und Entwicklung praktikabler Strategien für die digitale Transformation innerhalb der Kultur-Communities.

Vier zentrale Anwendungsfälle zeigen die umfassende Reichweite dieses Projekts.

Kulturplattformen: Kulturangebote regional übergreifend bündeln und personalisieren 

In der ersten Anwendungsdomäne fokussiert der Datenraum Kultur regionale Kulturplattformen. Von diesen zentralen Anlaufstellen erhalten Interessierte spezifische Veranstaltungsinformationen, darüber hinaus aber selten weiterführende Inhalte zu verwandten Themen. Ein dezentraler Datenraum ermöglicht, dass kulturspezifische Angebote entlang mehrerer Plattformen verknüpft werden können. So können ergänzende Informationen, etwa aus anderen offenen digitalen Quellen wie der Deutschen Digitalen Bibliothek (ddb), kombiniert werden mit Daten, die aufgrund ihrer Art nur auf der Basis einer vorher abgeschlossenen Nutzungsvereinbarung genutzt werden dürfen. Nutzende können dabei von der Anbindung an andere Services profitieren und beispielsweise ortsbezogene Daten für ihre Anreise abrufen. Umgesetzt wird dieser Anwendungsfall von der Universität Paderborn (SICP) und der OstWestfalenLippe GmbH mit den regionalen Kulturplattformen OWLlive (Region Ost-Westfalen-Lippe) und kulturis (Region Südniedersachsen). 

Museen: Multimedialen Datentransfer und Wiedernutzung ermöglichen

Aktuell erfordert die Verwaltung der Nutzungsrechte von Digitalisaten in Museen einen erheblichen Ressourcenaufwand, was ihre Wiedernutzung außerhalb spezifischer Museumsangebote einschränkt. In Zusammenarbeit mit anderen nationalen Akteuren (NFDI4Culture, ddb, DNB) strebt das Projekt an, Digitalisate nach europäischen Datenstandards bereitzustellen und sie damit zugänglicher und wiederverwendbarer zu machen. Perspektivisch soll dies die Möglichkeit eröffnen, Ausstellungsobjekte mit Bild-, Ton- und Textinformationen sowie Virtual Reality auch dauerhaft in neuen Kontexten digital erlebbar zu machen, exemplarisch am Themenportal CDF. Als führender Praxispartner ist die Hamburger Kunsthalle in diesem Anwendungsfall involviert, zusammen mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und der Alten Nationalgalerie Berlin.

Theater und Bühnen: Maschinenlesbare Theaterspielpläne für einen automatisierten Datentransfer

Ein dritter Anwendungsfall widmet sich der Entwicklung gemeinsamer Standards zur Verarbeitung von Spielplänen aus Theatern. Die jeweils vorherrschenden Bedingungen und kurzfristigen individuellen Situationen im Theater erschweren eine strukturierte digitale Verarbeitung von Spielplandaten. Zudem behindern eingeschränkte Verbindungen zu anderen Portalen die kulturwissenschaftliche Theater-Forschung. Hier setzt der Datenraum Kultur an und strebt einen automatisierten Datentransfer von maschinenlesbaren Theaterspielplänen an. Durch diese Initiative können Kultureinrichtungen ihre Reichweite erhöhen und bei kurzfristigen Änderungen zeitaufwendige Abstimmungsprozesse verkürzen. Dieser Anwendungsfall ist eng verknüpft mit der zuerst beschriebenen Digitalisierung von Kulturplattformen. Der Deutsche Bühnenverein stellt sein Netzwerk zur Verfügung, um ein Regelwerk für standardisierte Spielplandaten mit der Theater-Community auszuhandeln. Das Staatstheater Augsburg sowie die Akademie für Theater und Digitalität Dortmund schließen sich als Integrationspartner für die Technologie an.

Musikmarktplatz: Gemeinsam Musizieren im digitalen Raum

Ein vierter Anwendungsfall strebt die Schaffung eines Marktplatzes für musikalische Bildungsangebote an. Die Corona-Pandemie hat deutlich aufgezeigt, dass es bisher nur unzureichend digitale Räume und Unterstützung für das gemeinsame, aber räumlich verteilte Musizieren gibt. Das Hamburger Konservatorium erweitert seinen Lehrbetrieb in die digitale Welt und strebt an, ein führender Dienstleister für die Vermittlung zwischen Musiklehrer*innen und potenziellen Musikschüler*innen zu werden. Dazu wird die Marktplatzplattform Musiq.me entwickelt, die Profilinformationen von Anbietern und Suchenden aus unterschiedlichen Quellen intelligent zusammenführt und die Buchung von Online-Lernangeboten und virtuellen Übungsräumen ermöglicht. Die Zusammenarbeit erfolgt mit dem Hamburger Konservatorium, welches ein breites Netzwerk aus Musikschulen und anderen Akteuren auch aus dem kirchenmusikalischen Bereich hinter sich vereint.

Daten mit Diensten vernetzen

Das Fraunhofer FIT legt anhand von Bedarfs- und Nutzenanalysen der im Detail sehr unterschiedlichen Anwendungsdomänen einen Grundstein für die technische Umsetzung des Projekts Datenraum Kultur. Entsprechend dem Konzept der Datenräume soll auch hier der Datentausch fair, transparent und sicher gestaltet werden. Dazu greift das Institut auf seine Erfahrungen in der Spezifikation, Umsetzung und Anwendung von Datenraum-Technologien der International Data Spaces Association, europäischer Initiativen im Bereich Gaia-X und bereits umgesetzter vorheriger Datenraumprojekte aus anderen Domänen zurück und wendet diese zielgruppengerecht an.

Das Projekt vereint verschiedene Kernkompetenzen des Fraunhofer FIT. Die Abteilung Human-Centered Engineering & Design erfasst die Anforderungen der Nutzer*innen mit einem menschzentrierten Design-Ansatz. Die Abteilung Data Science und Künstliche Intelligenz ist für die technische Umsetzung der Datenraumkomponenten verantwortlich. Die Abteilung Kooperationssysteme steuert die Durchführung und Umsetzung der Bedarfsanalysen und koordiniert die domänenübergreifende Abstimmung mit den Akteuren im fachpolitischen Raum. Das Fraunhofer FIT übernimmt dabei gemeinsam mit der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) in enger Zusammenarbeit mit der Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg die Koordinierung des Gesamtvorhabens.

»Es ist nicht nur sinnvoll, sondern auch geboten, dass sich das Verständnis für den Wert und die Nutzung von Daten in Europa weiterentwickelt.

Prof. Achim Heine, Universität der Künste Berlin & Gründer und kreative Leitung Heine/Lenz/Zizka

Das Forschungsprojekt Datenraum Kultur verfolgt hier den richtigen Ansatz, um die Arbeit mit Daten entsprechend dem europäischen Verständnis von Urheber- und Persönlichkeitsschutzrechten zu vereinfachen.

Perspektivisch kann sich mit dem Datenraum Kultur ein neues Exzellenzfeld entwickeln. Schließlich sollten Daten nicht nur in Europa generiert, sondern auch im Sinne der Allgemeinheit genutzt werden.

Die Potentiale in der Datennutzung sind insbesondere durch den Zusammenschluss von Wissenschaft, Kulturinstituten und Kreativagenturen enorm. Nicht nur für den musealen Einsatz im Rahmen großer Ausstellungen, auch auf individueller Ebene, bei der ein niederschwelliger Zugang zur Datennutzung ganz neue Formate der Auseinandersetzung mit Kunst und deren Kuration generieren kann.«