Instandhaltungs- und Erneuerungsplanung der Betriebsmittel basieren zumeist auf Erfahrungswerten, Expertenwissen oder Statistiken. Die dafür benötigte Datenbasis resultiert aus den Ergebnissen regelmäßiger (z.B. alle 4 Jahre) Vor-Ort Inspektionen der Betriebsmittel durch das Instandhaltungspersonal der Netzbetreiber. Diese Ansätze stoßen bereits heute auf Grund einer zumeist unzureichenden Datenbasis an ihre Grenzen.
Mess- und Diagnosesysteme zur Überwachung des Zustandes der Betriebsmittel könnten diese Lücke schließen. Eingebettet in bereits vorhandene Asset Management Strategien würden beispielweise Datenanalysen an online und dauerhaft erfassten Zustandsdaten des gesamten Betriebsmittelparks Netzbetreibern vollkommen neue Geschäftsprozesse, Methoden und Strategien eröffnen. Ausgangsbasis für die Umsetzung solcher Ansätze sind jedoch auf die Anwendung der Verteilungsnetzebene zugeschnittene, technologische Lösungen aus vielen Teildisziplinen, etwa Mess- und Diagnosetechnik, Low-Cost-Sensoren und Datenverarbeitung, IKT, Datenhaltung oder Algorithmen und Zustandsbewertung, welche geringe Kosten aufweisen müssen. Nur so können flächendeckende Systeme und daraus resultierende technische und ökonomische Mehrwerte für die vorausschauende Instandhaltung und Erneuerung von Energieversorgungsystemen realisiert werden.
Mess- und Diagnoseverfahren, die eine dauerhafte Online-Überwachung zentraler Betriebsmittel eines Stromnetzes ermöglichen, existieren heute standardmäßig nur für Betriebsmittel der Hoch- und Höchstspannungsebene (>= 110 kV). Die im Verteilungsnetz eingesetzten und wesentlich kompakteren sowie kostengünstigeren Betriebsmittel der Mittel- und Niederspannungsebene (< 30 kV) werden zumeist gar nicht oder nur rudimentär überwacht. Eine einfache Adaption von Standardmessverfahren ist angesichts der finanziellen Aufwände für die Messsysteme nicht möglich. Standardmäßig eingesetzte Messsysteme aus der Hoch- und Höchstspannungsebene kosten häufig so viel wie die Betriebsmittel in der Mittel- und Niederspannungsebene selbst. Aus anderen Industriebereichen sind jedoch Sensorsysteme bekannt, die auf Grund sehr hoher Stückzahlen positive Skaleneffekten aufweisen. Beispielsweise kommen in der Automobil‑, Consumer- oder Prozessindustrie kostengünstige Mikro-Elektromechanische-Systeme (MEMS) zum Einsatz, die neben Sensoren eine integrierte Signalverarbeitung und Kommunikationsschnittstelle enthalten.
Basierend auf MEMS-Technologien werden durch die Projektpartner Fraunhofer FIT, Maschinenfabrik Reinhausen GmbH, Robert Bosch GmbH und die RWTH Aachen kostengünstige Sensor-, Mess-, Informations- und Kommunikationstechnologien entwickelt, angewendet und verifiziert.
In Zusammenarbeit mit Herstellern (Fritz Driescher KG) und drei Verteilungsnetzbetreibern aus den Regionen Aachen (RegioNetz), Köln (Rheinische NETZGesellschaft) und Nürnberg (Main-Donau Netzgesellschaft) erfolgt zunächst die Definition grundlegender Anforderungen an die erforderliche Mess- und Kommunikationstechnik im Hinblick auf Instandhaltung und Erneuerung im Verteilungsnetz. Betrachtet werden unter anderem Faktoren wie Schlüsselparameter, Sensoren, Messgenauigkeit, Reproduzierbarkeit, Verfügbarkeit, Sicherheit, Installationsaufwand und Grenzkosten.
Darauf basierend werden im Rahmen von Laborversuchen Messverfahren Bottom-Up neu entwickelt. Dabei wird insbesondere untersucht, wie und ob kostengünstige Sensoren aus energietechnikfernen Bereichen eingesetzt werden kann.
An der Umsetzung des Projekts arbeiten Abteilungen »Digitale Energie« und »Kooperationsunterstützung« des Fraunhofer FIT. Der Fokus liegt dabei auf der Umsetzung einer kostengünstigen IKT-Infrastruktur und Entwicklung von Datenaufbereitungs- und -analyseverfahren. Die IKT-Infrastruktur, bestehend aus einer Kommunikationsanbindung und einer IT-Plattform, ermöglicht die zukünftige Digitalisierung des Asset Managements im Verteilnetz durch die zentrale Speicherung der vom Sensorsystem aufgenommenen Daten. Eine besondere Herausforderung ist die Kommunikationsanbindung in ländlichen Gegenden, dafür werden effiziente Lösungen identifiziert. Die IT-Plattform ermöglicht die Anwendung überlagerter Analysemethoden sowie eine effiziente Datenhaltung. Bei der gesamten IKT-Infrastruktur wird besonderer Fokus auf kostengünstige und praktikable Lösungen gelegt, um eine weite Verbreitung in der Verteilnetzebene realisieren zu können. Neben Datenerfassung, -übertragung und -speicherung sollen die Daten vorverarbeitet und Algorithmen zur überlagerten Datenaufbereitung und -analyse entwickelt werden. Die Algorithmen bewerten den Zustand von Betriebsmitteln oder des Anlagenparks und überführen das Ergebnis der Zustandsbewertung in ein Asset Management System des Endanwenders. Hierbei sollen verschiedene Datenanalyseverfahren, korrelationsbasierte aber auch selbstlernende Verfahren, realisiert werden und bezüglich Ihrer Anwendbarkeit auf mittels Low-Cost Technologie gesammelten Daten analysiert werden. Um die Ergebnisse der Datenanalysemethoden in das Asset Management des Endanwenders einzubinden, werden Schnittstellen und Visualisierungsmöglichkeiten entwickelt.
MAKSIM wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert.